KREISGEMEINSCHAFT BRAUNSBERG (OSTPREUSSEN)

Franz Buchholz: Braunsberg im Wandel der Jahrhunderte (Festschrift vom Stadtjubiläum 1934)

Anhang und Besprechungen:

Ergänzend sei hier noch zugefügt, daß am 1. September 1880 auf dem Platze des heutigen evangelischen Gemeindehauses von Bürgermeister Maraun eine Gewerbeausstellung für das Ermland und den Kreis Heiligenbeil eröffnet wurde, die gegenüber der wachsendes Großindustrie die Erzeugnisse des Kleingewerbes vorführen sollte. In 13 Gruppen wurde eine umfassende, ansprechende Schau geboten, die zahlreiche Zuschauer von nah und fern anlockte. Zur Erinnerung an diese Ausstellung fand Anfang September 1930 eine Jubiläums-Ausstellung in beiden Vereinshäusern statt, die ebenfalls tüchtige Leistungen des Heimatgewerbes aufwies, wenn auch ihre Anziehungskraft nicht mehr so weit reichte wie vor einem halben Jahrhundert.
Noch sei der großen Überschwemmung gedacht, die das Hochwasser der Passarge am Karfreitag, 29. und Karsamstag 1888 im Weichbilde der Stadt verursachte. Schon an der Kreuzkirche sperrten gewaltige Eisbarrikaden dem reißenden Strom den Abfluß. In breiten Fluten ergoß er sich weithin über die Aue. Die Neustadt bildete vom Bahnhof bis zur Seeligerstraße einen 3—4 Fuß tiefen See, der von Kähnen und Flößen befahren wurde. Nur die höher gelegene Altstadt ragte wie eine Insel aus dem Meere empor, die Mühlenbrücke wurde schwer beschädigt, hielt aber stand. Im Patschwinkel wurden die Parterrewohnungen durch Ausheben der Fußböden und Aufweichen der Wände unbrauchbar gemacht. Hunderte frierender und hungernder Menschen waren auf die Hilfe ihrer Mitmenschen angewiesen. Erst am 2. Feiertag war das Wasser aus den Straßen verschwunden.
Von einer systematischen Darstellung der städtischen Verfassung, des Rechts- und Zunftswesens wurde in diesem Buche abgesehen, da hierfür bereits von Lilienthal grundlegende Arbeiten vorhanden sind (Wermke Nr. 7505—09, 7512) und ihre Wiedergabe den Rahmen der Schrift gesprengt hätte.
 

Quellen und Personenverzeichnis  (unkorrigiert)

Plan der Alt- und Neustadt Braunsberg

(Gezeichnet nach der farbigen Originalkopie aus dem Jahr 1692 im Schwedischen Kriegsarchiv zu Stockholm.)


Besprechungen

Hans Schmauch: Franz Buchholz, Braunsberg im Wandel der Jahrhunderte.
Festschrift zum 650jährigen Stadtjubiläum am 23. und 24. Juni 1934. - IV und 239 S. mit 7 Abbildungen und 2 Stadtplänen. Braunsberg, Erml. Zeitungs- und Verlagsdruckerei 1934.
Das 650jährige Ortsjubiläum hat der Stadt Braunsberg einen gut orientierenden Gesamtüberblick über ihre Geschichte gebracht. Die Festschrift stammt aus der Feder von Franz Buchholz, der bereits durch seine "Bilder aus Wormditts Vergangenheit" seine vorzügliche Befähigung zu einer wissenschaftlich gut fundierten und dabei doch durchaus volkstümlichen Darstellung bewiesen hat (vgl. diese Zeitschrift Bd. 73 - 1930 - S. 257 ff.).
Als größte Stadt des Ermlandes hat Braunsberg immer hervorragenden Anteil an den geschichtlichen Begebenheiten des alten Fürstbistums gehabt, zumal die Lage an der wichtigsten Übergangsstelle über die untere Passarge der Stadt eine starke militärische
Bedeutung gab, die fast in allen Kriegen der Vergangenheit deutlich in die Augen springt. Dazu war Braunsberg bis ins 19. Jahrhundert hinein der Haupthandelsplatz des Ermlandes; in seiner Frühzelt rechnete es zu den 6 großen Städten des Preußenlandes und gehörte mehrere Jahrhunderte hindurch der deutschen Hansa an. Seit der Regierung des Kardinals Hosius ward es dann als Stadt der Schulen und als Brennpunkt der katholischen Glaubenserneuerung auch der geistige Mittelpunkt des Ermlandes, Dieser hervorragenden Stellung, die Braunsberg in politischer und militärischer, in wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht gegenüber den anderen ermländischen Städten eingenommen hat, trägt der Verfasser in seiner Festschrift voll und ganz Rechnung.
Entsprechend dem Zweck seiner Arbeit, die Braunsberg im Wandel der Jahrhunderte zeigen soll, hat Buchholz das Hauptgewicht auf einen geschichtlichen Überblick gelegt, der die Ergebnisse der mannigfachen Einzeluntersuchungen zur Geschichte Braunsbergs und überhaupt des Ermlandes zusammenfaßt. Darüber hinaus aber ist der Verfasser öfter auch zu neuen Auffassungen gekommen, die sich ihm aus der Gesamtschau der Braunsberger Geschichte ergaben. Das gilt vor allein für die älteren Zeiten der Passargestadt. Gelegentlich kommen dabei auch für die gesamtermländische Geschichte neue Resultate heraus. So versucht Buchholz die Tatsache, daß Bischof Heinrich I. Flemming gegen Ende seines Lebens mehrere Jahre (1298-1300) außerhalb seines Bistums weilte, aus dem scharfen Gegensatz zu erklären, der sich wegen der Gründung des Franziskaner-klosters innerhalb der Stadtmauern zwischen dem Bischof und den Bürgern Braunsbergs herausgebildet hatte und den erst Flemmings Nachfolger Eberhard von Neisse durch die Verlegung des Klosters vor die Tore der Stadt beilegte (S. 13 f.). Diese Deutung erscheint mir viel ansprechender als die Erklärung Röhrichs (Geschichte des Fürstbistums Ermland S. 58), Flemming habe im Thüringerlande neue Ansiedler für sein Bistum zu werben gesucht. Ganz abgesehen davon, daß eine Reise im vorgerückten Alter zu diesem Zwecke nicht gerade sehr wahrscheinlich ist, spürt man in der Folgezeit im Ermland kaum irgendwelche Erfolge einer solchen Werbefahrt.
Beachtenswert ist auch die neue Deutung, die der Verfasser für das älteste bekannte Siegel der Stadt gibt, das jetzt wieder im Gebrauch ist. In der das Mittelfeld beherrschenden Linde sieht er den Schuhbaum der ganzen Gemeinde, in dem rechts davon dar» gestellten Drachen das Symbol des Teufels und des Heidentums, während der Hirsch auf der linken Seite als Feind des Drachens Christus, den Überwinder der Hölle, versinnbildet. Das Ganze deutet B. als "Sieg des Christentums über das Heidentum", als "Triumph der christlich-deutschen Kultur über die heidnisch-preußische" (S. 11 f.).
Den Namen Brunsberg (= Braunsberg) bringt der Verfasser gleich Röhrich mit dem altpreußischen Brusebergue (= preußisches Lager) in Verbindung (S. 2 und 4 f). Zur weiteren Stütze dieser Ansicht sei darauf hingewiesen, daß die älteste uns überlieferte Form des Wortes "Preußen" in dem Reisebericht des spanischen Juden Ibrahim ibn Jakub (etwa aus dem Jahre 965) mit "Brus" wiedergegeben ist (W. Gaerte, Urgeschichte Ostpreußens - 1929 - S. 357).
Bei einem solchen Gesamtüberblick, wie Buchholz ihn hier für die Geschichte Braunsbergs bietet, wird man leicht einmal den Wunsch haben, dies und jenes auch noch berücksichtigt zu sehen. (So hätte, um nur ein Beispiel zu nennen, bei dem S. 108 genannten Braunsberger Buchdrucker Georg Schönfels auch der von ihm 1616 besorgte Druck der „Privilegia der Stände deß Hertzogthumbs Preußen" Erwähnung finden können, zumal dieses Buch bis heute als einziger preußischer Druck den vollständigen Wortlaut der Friedensverträge von 1466 und 1525 enthält.) Dem Verfasser konnte es aber nicht so sehr auf die Sammlung möglichst vieler Einzelheiten ankommen, sondern er hatte die große Linie der geschichtlichen Entwicklung der Passargestadt aufzuzeigen — und diese Aufgabe ist ihm gut gelungen. Erfreulicher Weise sind ein kurzer Anhang, der auf 4 Seiten das allerwichtigste aus der umfangreichen Literatur bietet, und ein Personenverzeichnis beigegeben, das namentlich den Familienforschern erwünscht sein dürfte. Nimmt man noch die allgemein verständliche, gefällige Darstellungsweise des Verfassers und die zwar bescheidene, aber ansprechende äußere Ausstattung des Buches (9 gute Abbildungen bezw. Stadtpläne) hinzu, so kann man abschließend sagen: »Braunsberg im Wandel der Jahrhunderte' gehört zu den besten Ortsgeschichten des Preußenlandes

H. Kleinau: Franz Buchholz, Braunsberg im Wandel der Jahrhunderte. Festschr. zum 650jährigen Stadtjubiläum am 23. und 24. Juni 1934. Mit 9 Abb. Braunsberg 1934. II, 239 S. 8'.
Die Hauptstadt des Ermlandes hat zu ihrer 650jährigen Gründungsjubelfeier die erste zusammenfassende, bis auf die neueste Zeit fortgeführte Stadtgeschichte erhalten. Aus seiner reichen Sachkenntnis heraus hat der bekannte Erforscher ermländischer Geschichte seinen Mitbürgern eine schöne Festgabe und ein Denkmal großer Heimatliebe geschenkt. — In neun einleuchtend gegliederten Abschnitten, die ein kurzer Ausklang mit einigen Mitteilungen über die Ereignisse und über die Entwicklung der Stadt in der Nachkriegszeit beschließt, wird uns die politische Geschichte der alten, von der Mitte des 14. bis zum Anfang des l7. Jhdts. der Hanse angehörenden Stadt vor Augen geführt. Der Verf. hat das Buch in der Hauptsache auf sorgfältig herangezogenem Schrifttum aufgebaut, dazu aber verschiedentlich Neues gegeben und frühere Meinungen sorgfältig gegeneinander abgewogen. Neben einer altpreußischen Siedlung wurde — nach Zerstörung einer vorübergehend angelegt gewesenen Befestigung — unter Führung des Lübecker Ratsherrnsohnes Johann Fleming die Stadt 1250 gegründet. Aber erst nach dem Ende der langjährigen Aufstände i. J.1273 konnte der endgültige Bau der Stadt durch neue niedersächsische Einwanderer beginnen und am 1. 4.1284 durch Verleihung einer Handfeste gekrönt werden. Die dem Verfasser zur Verfügung stehende Zeit war wohl zu knapp, um gerade die mittelalterliche Geschichte Braunsbergs mehr unter allgemeinen Gesichtspunkten darzustellen. Gerade bei einer Tochterstadt Lübecks reizt doch der Versuch, Gemeinsamkeiten in der Entwicklung der städtischen Verfassung, des in den Stadtbüchern überlieferten an» gewandten Rechts, im Aufbau der Stadt und in der Zusammensetzung ihrer Bevölkerung ganz besonders hervorzuheben und früher etwa gewonnene Ergebnisse mit allen neustens an den Lübecker Verhältnissen erprobten Methoden nachzuprüfen. Im Nahmen des vorliegenden Buches hätten sich, wenn auch in knapper Form, wohl einige beachtliche und den Leser anziehende Gesichtspunkte herausarbeiten lassen. — In den späteren Abschnitten sind vielleicht hier und da in der Liebe zur Sache ein wenig zu viel Einzelheiten geboten. Einiges davon hätte in Anmerkungen seinen Platz finden können.
Sehr vorteilhaft vor den meisten übrigen preußischen Stadtgeschichten zeichnet sich diese durch ein zuverlässiges Namensverzeichnis aus, dem man freilich auch die Ortsnamen gern eingefügt sähe. Als Anhang wären vielleicht einige Übersichten (z. B. die Bürgermeister) und auch eine knappe Zeittafel von Nutzen. Die Beigabe einiger wohlgelungener Abbildungen, darunter zwei Stadtplanwiedergaben, ist erfreulich.
Möchte es nun in einem allmählichen Aufbau von Einzelabschnitten gelingen, der Geschichte Braunsbergs eine als endgültig anzusehende Form zu geben.
Königsberg i. Pr.

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Dies ist der Anhang aus der Festschrift "Braunsberg im Wandel der Jahrhunderte" von Franz Buchholz zum 650jährigen Stadtjubiläum

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