CHRONIK DER KREISGEMEINSCHAFT BRAUNSBERG 2003

Am 27. und vor allem am 28. September 2003 hat also das diesjährige Kreistreffen wieder in Münster-Hiltrup stattgefunden.

Im Gottesdienst hielt die Predigt der Seelsorger für die Deutschen in Ostpreußen Kaplan André Schmeier, der auch danach in der Festlichen Stunde in der Stadthalle Hiltrup den Festvortrag hielt.  Thema: Die deutsche Seelsorge im Ermland heute:

Die vier Etappen der Tragödie

Festvortrag von André Schmeier anlässlich des Kreistreffens der Braunsberger in der Patenstadt Münster am 27. und 28. September 2003

Wieder einmal ein gelungenes Treffen, wenn auch leider die Teilnehmer immer weniger werden… Immerhin waren es diesmal noch über 200. Zelebrant war der Seelsorger für die deutsche Minderheit im Ermland Kaplan André Schmeier, der auch in der Festlichen Stunde den Festvortrag hielt über die seelsorgliche Situation der Deutschen im Ermland nach dem Krieg. Doch der Reihe nach!

Der Auftakt des diesjährigen Jahreshaupttreffens in der Stadthalle in Münster-Hiltrup war die Mitgliederversammlung der Kreisgemeinschaft am Sonnabend. Es ging vor allem um den Tätigkeitsbericht des Kreisvertreters und des Vorstandes. Wichtigster Punkt war die Wahl des neuen Vorstands und des neuen Beirats. Der bisherige Vorstand (Manfred Ruhnau, Anneliese Neß, Bernhard Steffen, Michael Preuschoff) wurde bestätigt und als Ersatz für vier ausscheidende Beisitzer wurden Erika Handtke, Gerhard Neß, Ferdinand Schrade und Frank Schneidewind gewählt. Anschließend gab es genug Zeit zum schabbern bis in den späten Abend.

Bei der Festlichen Stunde am Sonntag  - auch mit zahlreichen Gästen aus der Politik - wies zunächst Bürgermeister Krüger auf das vorzüglich funktionierende „Dreiecksverhältnis“ zwischen der Patenstadt Münster, unserer Kreisgemeinschaft und dem heutigen Braunsberg hin. Frau Roswitha Möller vom Bund der Vertriebenen in Münster dankte in ihren Grußworten zunächst unserem Kreisvertreter für die Teilnahme an der Einweihung eines Gedenksteins für die Flüchtlinge und Vertriebenen im April in Münster. Wohl in keiner deutschen Stadt sonst wurde auf solche Weise deren Aufbauarbeit und die Mithilfe bei der demokratischen Neuordnung nach dem Krieg gewürdigt. Sie kam dann auf die Festansprache der Bundestagsabgeordneten und Vorsitzenden des Innenausschusses des Deutschen Bundestages Frau Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast zum Tag der Heimat in Münster eine Woche zuvor zu sprechen. Die SPD-Bundestagsabgeordnete u. a. hätte vor allem darauf hingewiesen, dass das alte Klischee, demzufolge die Linken oder Halblinken in der Bundesrepublik mit den Vertriebenen nicht viel im Sinn hätten und umgekehrt, und die These, nach der die Funktionäre der Vertriebenenverbände rückwärts gewandt und zu revanchistisch seien, überwunden sei. Auch die SPD hätte nun akzeptiert, dass die Vertreibung Unrecht sei, das ohne Rücksicht auf persönliche Schuld oder Unschuld den Betroffenen angetan wurde. Leider macht Bundeskanzler Schröder diese „Wende“ allerdings wohl nicht mit, wenn er das Zentrum gegen Vertreibungen nicht in Berlin haben will, wo es aus mehreren Gründen einfach hingehört. Er begründet das "mit der Gefahr der Einseitigkeit". Und Außenminister Fischer erklärte seine Ablehnung des Berliner Zentrums gar damit, dass er die Deutschen nicht als Opfer sieht: Die Vertreibung - auch die Verbrechen an unschuldigen Deutschen - bewertete der Außenminister in einem Interview mit der "Zeit" als "deutsche Selbstzerstörung".

Kaplan André Schmeier aus Allenstein


Im Festvortrag unterschied Kaplan Schmeier vier Etappen bei der Lage der Deutschen im Ermland nach dem Krieg oder besser vier Etappen der Tragödie: Die erste bei der Vertreibung unmittelbar nach dem Krieg. Danach richteten sich die verbliebenen Deutschen wieder ein wenig ein, man fing wieder an in den Gottesdiensten und bei den Wallfahrten deutsche Lieder zu singen. Anfang der Fünfziger Jahre wurde das verboten, die zweite Etappe. Und auch damit kam man irgendwie klar, es kam zu einer Art Akzeptanz mit den polnischen Nachbarn, die zum Teil das Schicksal der Vertreibung auch durchgemacht hatten. Mit Brandts Ostverträgen kam auch dafür das Aus: Die Polen bedrängten die Deutschen, was sie denn jetzt noch in Polen wollten, jetzt könnten sie doch in den Westen umsiedeln, also siedelten sie. Und die vorläufig letzte Etappe war die nach der Wende, und jetzt sind nur noch wenige übrig geblieben. Und auch die sprächen kaum noch deutsch, denn wer will schon als Kind deutsch reden, wenn er dafür in der Schule geschlagen und gehänselt wird? Und der Einfachheit halber sprach man schließlich auch in den Familien polnisch. Ja, die Enkel würden sich jetzt wieder für die deutsche Sprache interessieren…

Und so gibt es seit nunmehr 12 Jahren auch wieder deutsche Gottesdienste. Der Pfarrer der Gemeinde in Allenstein-Jomendorf hat zunächst damit angefangen, einmal im Monat. Und jetzt gibt es eben auch wieder einen deutschen Kaplan…

Für ihre Dienste an der Heimat wurden Frau Johanna von Bülow und Herr Alois Latki vom Beirat und vier besonders treue Mitglieder, Frau Tiedmann, Frau, Krause, Frau Hanemann und Frau Bludau mit der Verdienstmedaille der Kreisgemeinschaft ausgezeichnet.

Das Blechbläser-Quartett der Musikhochschule Münster umrahmte die Festliche Stunde mit Darbietungen. Das Gesellige Zusammensein am Nachmittag wurde aufgelockert von Gesangsdarbietungen eines Männerchors.

Erwähnt werden sollte auch, dass Kaplan Schmeier am Rande des Treffens 3000 € als Spende der WDR-Hörfunk-Sendung „Alte und neue Heimat“ für die nach Russland verschleppten Frauen in der Heimat übergeben wurde. In der Sendung über diese Frauen hatten Hörer spontan angefragt, wie sie helfen könnten – und dieses Geld war nun der Rest von dem, was daraufhin zusammen gekommen war und noch verteilt werden kann.

Und hier die Grußworte der Vorsitzenden des BdV Münster Frau Roswitha Möller:

Sehr geehrter Herr Vorsitzender Manfred Ruhnau,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Krüger,
sehr geehrte Festversammlung,
liebe Landsleute aus unserer ostdeutschen Heimat,

ich bedanke mich für die Einladung zu Ihrem Heimattreffen und begrüße Sie herzlich im Namen des Bundes der Vertriebenen in Ihrer Patenstadt Münster.

Lieber Herr Ruhnau, ich bedanke mich auch noch für Ihr Kommen anlässlich der Einweihungsfeier unseres Vertriebenengedenksteines am 5. April dieses Jahres.  Ich erinnere mich noch gerne und voller Hochachtung an Ihre so gelungene Feier vor zwei Jahren in Frauenburg am Frischen Haff, wo Sie zu Ehren der Hafftoten vom Januar und Februar 1945 einen Gedenkstein setzen konnten.  Sie und Ihr Vorgänger Gerhard Steffen hatten es geschafft, aufgrund Ihrer langjährigen guten Kontakte zu den polnischen Behörden in Frauenburg,  ein vertrauensvolles Verhältnis aufzubauen und in Zusammenarbeit  mit diesen Behörden einen Gedenkstein für die Opfer der Flucht im Frischen Haff zu errichten. Ein beeindruckender Text in deutscher und polnischer Sprache ist auf einem
großen Findling zu lesen:
450.000 ostpreußische Flüchtlinge flohen über Haff und Nehrung, gejagt vom unerbittlichen Krieg. Viel ertranken, andere starben in Eis und Schnee. Ihr Opfer mahnt zu Verständigung und Frieden. Jan.- Febr. 1945.

Gedenkstein für die bei der Flucht über das Haff umgekommenen Ostpreußen


Wir hier in Münster können nun auch an würdiger Stelle unserer Heimat gedenken, unserer Menschen - und - und das ist der Verdienst der Stadt Münster - den Menschen, die nach dem Krieg als Flüchtlinge und Vertriebene nach Münster kamen, dankt die Stadt Münster für ihre Aufbauarbeit und die Mithilfe beim Aufbau einer demokratischen Neuordnung. Dies ist ein Gedanke, der höchste Anerkennung verdient.
Ich habe noch in keiner Stadt  so eine öffentliche Anerkennung der Leistung der Vertriebenen gefunden. - Ich lasse mich aber gerne eines Besseren belehren. -

Am letzten Sonntag war die Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Innenausschusses des Deutschen Bundestages Frau Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast als Festrednerin zum Tag der Heimat in Münster. Sie ging im Anschluss an die Gedenkfeier mit zum Stein und legte dort ein Angebinde mit den deutschen Bundesfarben nieder.

In ihrer Festansprache sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete u. a. : "Man braucht ja nicht in allen Punkten gleicher Meinung zu sein - aber eines haben Sie sicherlich gemerkt: das alte Klischee, demzufolge die Linken oder Halblinken in der Bundesrepublik mit den Vertriebenen nicht viel im Sinn haben und umgekehrt, die These, nach der die Funktionäre der Vertriebenenverbände rückwärts gewandt und zu revanchistisch seien - ist überwunden.  Für meine Partei, die SPD, darf ich sagen: wir haben begriffen, dass in unserer Auseinandersetzung mit dem Thema "Vertreibung" etwas nachzuholen war; dass wir es lange Zeit aus Scheu vor dem Vorwurf, eine zu intensive Zuwendung zu den deutschen Vertriebenen würde die Schuld der NS-Diktatur am 2. Weltkrieg und deren Folgen relativieren, beiseite geschoben haben.
Halten wir fest: Die Vertreibung ist Unrecht, das ohne Rücksicht auf persönliche Schuld oder Unschuld den Betroffenen angetan wurde. Sie haben ein Recht auf Anteilnahme und Trauer. Zur Wahrheit gehört, dass sie beim Namen genannt wird. Und dahinein gehört auch, dass Vertreibung nicht verbrämend mit "Transfer" bezeichnet wird. Der Raub der Heimat ist ein schlimmer Akt. Das Recht auf Heimat gehört zu den Grundrechten."    Soweit einige Zitate aus der Rede von Frau Sonntag-Wolgast.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch ein Wort zu der derzeitigen Diskussion um den Standort des geplanten Zentrums gegen Vertreibungen sagen.

In der letzten Zeit, seit sich die Politik mit den Vertriebenen mehr konstruktiv beschäftigt und auseinandersetzt - was wir sicherlich auch der offenen Stellungnahme Innenminister Schilys, Günther Grass und der ZDF - Reihe von Guido Knoop zu verdanken haben - seit der Zeit kommen wir endlich aus unserer nicht selbst gewählten Isolation heraus und wir dürfen Erinnerer und Mahner sein, der nicht mehr Rufer in der Wüste ist, sondern gehört und akzeptiert wird.Endlich dürfen wir an das millionenfach erlittene Leid der Vertreibung, Vergewaltigung, Enteignung und Entrechtung erinnern, ohne gleich als Revanchisten und Reaktionäre diskreditiert zu werden.

So ist es nicht zu verstehen, dass Bundeskanzler Schröder  zurückrudert und das Zentrum gegen Vertreibungen nicht in Berlin haben will. Er begründet das "mit der Gefahr der Einseitigkeit".  Außenminister Fischer erklärte seine Ablehnung des Berliner Zentrums damit, dass er die Deutschen nicht als Opfer sieht: Die Vertreibung - auch die Verbrechen an unschuldigen Deutschen - bewertete der Außenminister in einem Interview mit der "Zeit" als "deutsche Selbstzerstörung".

Eigentlich sollte die Zeit des kalten Krieges und auch der "Eiszeit" der polit. "Linken" gegenüber den Vertriebenen vorbei sein, wie es oben bereits von Frau Sonntag-Wolgast ausgeführt wurde. Eigentlich sollte man hist. Ereignisse sachlich korrekt wiedergeben können, ohne irgendwelche Animositäten befürchten zu müssen.

Und warum nicht Berlin? - Berlin ist der geschichtsträchtigste Ort Deutschlands. Von Berlin ging der zweite Weltkrieg aus, als geteilte Stadt musste sie die Spannungen des  Kalten Krieges aushalten, durch das Herz dieser Stadt wurde eine Mauer gebaut, die Familien und ein Land zerstückelte. In Berlin siegte letzten Endes der Freiheitsdrang und das Selbstbestimmungsbedürfnis , das die Menschen die Mauer niederreißen ließ. In Berlin ging der Krieg zu Ende und von Berlin gingen die furchtbaren Konsequenzen eines verlorenen Krieges aus. Berlin nahm 1945 zwei Millionen deutsche Heimatvertriebene auf und auch heute leben noch und schon wieder vertriebene Kosovoalbaner, vertriebene Bosnier, also aktuelle Vertriebene. Deshalb: Warum nicht Berlin ? Und letzten Endes ist unser Bürgermeister Krüger in Berlin geboren.

Meine Damen und Herren, ich wünsche Ihnen heute noch einige harmonische besinnliche Stunden. Ich hoffe auf ein gesundes Wiedersehen im nächsten Jahr wenn Ihre Kreisgemeinschaft 50jähriges Bestehen feiert.
Gott schütze unsere ostdeutsche Heimat - unser westdeutsches Zuhause, es möge blühen und gedeihen!

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

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Autobahn durch den Kreis Braunsberg erneut fertiggestellt

Eigenbericht vom Webmaster/Braunsberg (30. Oktober 2003)

Braunsberg, 30. 10. 2003:  Bei einem Besuch vor sechs Jahren war alles noch im Dornröschenschlaf. Das Passargetal mit selbst angesätem Urwald, dazwischen die verwaisten Pfeiler der alten Brücke und auf dem Talboden der bemooste Belag der Brücke. Während die Kriegshandlungen war der Übergang über die Passarge zerstört worden und in den 60er Jahren war auch der erhaltene Teil der Brücke über dem sonstigen Flusstal komplett demontiert worden. Der Sohn eines in der Heimat verbliebenen deutschen Bauers aus Vierzighuben, Kirchspiel Bludau, erzählte mir, dass seine Mutter in den Jahren nach dem Krieg öfter den Umweg über diese Brücke nach Braunsberg gemacht und sich an einem Seil über die im Wasser liegenden Stahlträger des zerstörten Teils gehangelt habe, weil der direkte Weg nach Braunsberg zu gefährlich war wegen der russischen Soldaten, die sich noch 1946 in den dortigen Wäldern versteckt hielten. Bis zur endgültigen Demontage hatten Anwohner die Brücke dann wohl mit Baumstämmen wenigstens für die Überquerung zu Fuß und per Fahrrad notdürftig geflickt.

Und jetzt: Alles wieder fertig! Der zuständige Ingenieur freute sich offensichtlich, daß auch einmal ein Deutscher sich ansah, was dort in den letzten Jahren passiert ist, und das ist beachtlich! Die größte und längste der Brücken ist über 350 m lang, wurde gegenüber dem Vorgängerbau erheblich verbreitert und ist auf neuen Pfeilern errichtet worden; die alten Pfeiler waren zwar zumeist noch gut, hätten jedoch alle genauestens überprüft und erforderlichenfalls repariert oder ersetzt werden müssen, jedenfalls wäre alles genauso teuer gekommen wie der Neubau. Und der ist im Wesentlichen der alten Brücke nachempfunden und sieht nach erstklassiger Arbeit aus, der Ingenieur war offensichtlich sehr stolz! Die Brücke hat 9 Millionen Zloty gekostet, berichtete er mir, je wie man rechnet also zwischen 2 und 2,3 Millionen Euro, ein Preis, den ich allerdings kaum glauben kann (viel zu billig für einen solchen Bau, soviel sehe auch ich als Laie, ich kann mir allerdings nicht vorstellen, daß selbst das die Polen bezahlt haben, vermutlich ist der Geldgeber die EU als Subvention für das Königsberger Gebiet!). In den 30er Jahren war erst einmal nur die rechte Fahrbahn (von Westen aus gesehen) fertig gestellt worden und auch nur die Brücken für diese Fahrbahn. Allerdings wurden jetzt die neuen Brücken für die linke Fahrbahn gebaut. Nach Aussagen des Ingenieurs ist die vorhandene Fahrbahn zwar noch sehr gut, doch für den zu erwartenden Schwerlastverkehr in die Enklave Königsberg nicht ausreichend. Daher soll diese Fahrbahn auch wenigstens zunächst nicht erneuert werden, sondern für den Regionalverkehr vorbehalten bleiben, wenn einmal die linke Fahrbahn für den "neuen Verkehr" gebaut werden sollte. Eine Schwierigkeit für diesen Bau sei die Bodenbeschaffung der Region, wohl zumeist wasserundurchlässiger Ton oder Ähnliches, so daß Gefahr besteht, daß die Fahrbahn ins Schwimmen gerät. Doch bevor Weiteres passiert, wolle man erst einmal die politische Entwicklung abwarten.

 

Und diese Entwicklung ist nun wirklich kaum voraussehbar, zwar sind auch die übrigen drei zerstörten Brücken des heute polnische Teilstücks der ostpreußischen Autobahn wieder aufgebaut und eine weitere offensichtlich erhaltene Talbrücke instand gesetzt und mit neuer Pflasterung versehen worden, doch endet alles an der polnisch-russischen Demarkationslinie. Zwar stehen auf polnischer Seite neue Hinweisschilder auf die Republik Polen und den Kreis Braunsberg für jeden aus der Enklave Königsberg Ankommenden, doch gleich hinter dem angerosteten Schlagbaum mit den Schildern in kyrillischen Buchstaben wächst zwischen den Betonplatten ein junger Baum aus der Autobahn und etwas weiter hinten ist sie gänzlich mit einem Erdwall abgesperrt. Doch das alles läßt sich ja schnell ändern. Vorerst scheinen die Russen jedoch keine Anstalten zu einer Änderung zu machen, wie mir der Ingenieur über seinen kürzlichen Besuch in Königsberg erzählte.

Weitere Bilder von der Autobahn: Neue Brücke bei Eisenberg, neue Straßenbrücke südöstlich von Braunsberg, weitere kürzere Talbrücke, noch nicht von der Wildnis befreites Autobahnstück, Arbeiter beim Legen des Belags, vorläufiges Ende der Autobahn an der polnisch-russischen Demarkationslinie

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Spätaussiedler brauchen unsere Solidarität

BdV-Präsidentin Steinbach fordert Ende der Zuzugsdebatte (Vom Bund der Vertriebenen, 14.01.2003)

Auf Initiative des niedersächsischen Innenministers Bartling soll künftig jeder Deutsche aus Russland ein individuelles Kriegsfolgenschicksal nachweisen, um Aufnahme in Deutschland zu finden. Der Abschaffung der bisherigen gesetzlichen Vermutung des pauschalen Kriegsfolgenschicksals wollen sich wohl auch die Länder Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz  anschließen. Das würde den Deutschen aus Russland jede Chance nehmen, nach Deutschland zu kommen. Hierzu erklärt die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen Erika Steinbach MdB:

Die gesetzliche Vermutung des pauschalen Kriegsfolgenschicksals für die Deutschen aus Russland ist unbedingt beizubehalten. Die gesamte Volksgruppe war über Jahrzehnte von kollektiven Strafmaßnahmen betroffen, deren Auswirkungen nach wie vor bestehen. Die jahrzehntelange zwangsweise Verbannung mit den Einweisungen in Sondersiedlungen, der jahrelange Dienst als Zwangsarbeiter in der Trudarmee, der Verlust der Bürgerrechte und aller kulturellen Einrichtungen haben nicht nur die Existenz des Einzelnen und seiner Familie, sondern auch die Grundlagen der nationalen Identität der Volksgruppe erschüttert und zu einer Entwurzelung geführt, unter der die Deutschen aus Russland noch immer zu leiden haben. Die Härte des Lebens in der Verbannung, der Mangel an einfachen Unterrichtsmaterialien, administrative Hürden haben dazu geführt, dass 16 Jahre lang ein großer Teil der Kinder und Jugendlichen keine Möglichkeit hatte, eine Schule zu besuchen. Damit war eine ganze Generation der partiellen oft sogar der totalen Analphabetisierung Preis gegeben. Eine volle Rehabilitierung der Deutschen hat es nie gegeben. Mit dem Aufkommen nationalistischer Tendenzen in den mittelasiatischen Republiken waren sie in den 90-er Jahren einem verstärkten Aussiedlungsdruck ausgesetzt. Rechtlich und moralisch trägt Deutschland eine besondere Verantwortung für diese Menschen, die länger und schmerzhafter als andere darunter leiden mussten, dass sie als Deutsche geboren und Opfer einer unmenschlichen Nationalitätenpolitik wurden.

Aufgrund dieser Tatsachen kam auch die Zuwanderungskommission zu dem Ergebnis, dass die generelle Vermutung des Kriegsfolgenschicksals für die Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion fortbestehen muss. Die Bundesregierung hat sich mit dem Zuwanderungsgesetz dieser Auffassung angeschlossen. Von diesen Menschen, die mit ihren Familien seit den 30-er Jahren ethnische Säuberungen durch Ermordung und Deportation, aber auch Tod und Krankheit von Angehörigen sowie geistige, sprachliche und kulturelle Vereinsamung erlitten haben, jetzt den Nachweis einer individuellen Verfolgung abzuverlangen, zeigt die fortschreitende Entsolidarisierung mit bedrängten Teilen des eigenen Volkes sowie eine tiefe  Unkenntnis unserer Geschichte. Anstatt sich um eine bessere Akzeptanz der Spätaussiedler durch die Bevölkerung zu bemühen, werden mit diesem Vorschlag nur diffuse Vorurteile verstärkt.

Die Länderchefs von Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, die im Bundesrat dem Zuwanderungsgesetz zugestimmt haben, müssten einmal erklären, was sie jetzt knapp neun Monate später dazu bewegt hat, ihre Meinung gerade zu diesem Punkt zu ändern. Sprach- und einzelne Integrationsprobleme gab es schon damals. Die Spätaussiedler sollen offenbar  zur taktischen Manövriermasse beim Ringen um das Zuwanderungsgesetz werden.
Die Integration der rund 2 Millionen Deutschen aus Russland, die bisher gekommen sind, verlief ganz  überwiegend erfolgreich. Deswegen und wegen ihres schweren Lebensschicksals sollte diese Debatte so schnell wie möglich beendet werden.
 

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Landsmannschaft Ostpreußen e.V.
Pressereferat

Presseinformation Datum: 12.11.2002

Landsmannschaft Ostpreußen zur Einigung in Königsbergfrage

v. Gottberg: Visafreiheit auch für Ostpreußen

Der Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen, Wilhelm v. Gottberg, erklärt zu der zwischen der Europäischen Union und Rußland gefundenen Einigung in der Transitfrage für die zukünftige russische EU-Enklave Königsberg:

„Die Landsmannschaft Ostpreußen ist über die nun gefundene Lösung in der Frage des Transits zwischen der russischen Exklave Königsberg und dem russischen Mutterland erleichtert. Für die heute in Königsberg lebenden Menschen wäre eine strenge Visumspflicht mit gravierenden Nachteilen für die jetzt schon schlechten Lebensverhältnisse verbunden gewesen.

Es ist allerdings eine schwere Diskriminierung für die aus Ostpreußen stammenden Menschen, daß diese aufgrund der teuren Visagebühren gewissermaßen Eintritt bezahlen müssen, wenn sie ihre Heimat besuchen oder sich am Aufbau der Region beteiligen wollen. Es ist bekannt, daß die Erteilung eines Visums für Königsberg für Deutsche mit der Überwindung einer hohen bürokratischen Hürde verbunden ist. Der ungehinderte Zugang der Deutschen zu ihrer Heimat Ostpreußen würde der wirtschaftlichen Entwicklung der Region einen enormen Schub versetzen.

Die Bereitschaft der EU-Kommission, etwa 2005 die nun gefundene Regelung zu überprüfen und auch den Wegfall einer wie auch immer gearteten Sichtvermerksregelung nicht auszuschließen, läßt hoffen.

Den Ostpreußen ist die Zukunft des Königsberger Gebietes ein wichtiges Anliegen. Wir beteiligen uns seit 10 Jahren an dem Wiederaufbau der Region. Unsere Kreisgemeinschaften sind den entsprechenden russischen Gebietskörperschaften partnerschaftlich verbunden, was die gemeinsamen Anstrengungen im wirtschaftsfördernden und humanitären Bereich zusätzlich unterstützt.

In diesem Zusammenhang ist es dringlich, daß die Bundesregierung dem Beispiel Schwedens, Dänemarks und Polens nacheifert und endlich auch für Deutschland ein Konsulat in Königsberg einrichtet. Die Bereitschaft der russischen Gebietsverwaltung dazu ist vorhanden.“

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Bernhard Knapstein
Referat "Presse, Jugend, Politische Grundsatzfragen"
Landsmannschaft Ostpreußen e.V.
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20144 Hamburg
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